Saturday, December 27, 2008

Herr Huber und das Mädchen


Herr Huber litt an einer seelischen Krankheit. Wie alle Menschen trug er das göttliche Feuer mit sich herum. Die anderen Menschen, hatten das göttliche Feuer tief unten, unter der Kruste der alltäglichen Beschäftigungen vergraben. Bei Herrn Huber hingegen trat das Feuer gelegentlich aus dem Körper des Herrn Huber aus und nahm die Gestalt eines kleinen Mädchens an.

So kam es, das Huber Besuch von einem kleinen Mädchen bekam, wenn er traurig war, als seine Eltern starben, als ihn seine Frau verließ. - Immer kam ein kleines Mädchen, nahm ihn stumm bei der Hand und führte ihn an einen Platz der Stille und Einkehr, an der Huber stets zu weinen begann.

Eines Tages kam das kleine Mädchen zu Huber, ohne dass dieser traurig war. "Nanu, was ist passiert?", fragte er erstaunt mit hochgezogenen Augenbrauen.

"Du stirbst", sagte das Mädel. "Ich bin gekommen, weil wir Beide unsere Reise beenden."

"Wie das? Du bist so jung und ich doch deutlich älter. Warum sollte deine Zeit gekommen sein?"

"Weil Du mich nicht in dein Herz gelassen hast", erwiderte das Mädchen. Hast du einmal eine Blume berührt und dich darin gespürt? Hast Du einmal einen Vogel gefüttert und hast dich hinterher satt gefühlt? Hast Du jemals einen Bettler geliebt und dich in seiner Gestalt beschenkt?"

Huber schüttelte den Kopf.

"Darum."

Huber spürte in seinem Herz eine Kälte, da fasste Huber unbeholfen das Kind und drückte es an seine Brust. Sein Herz wurde warm und schlug fröhlich und das kleine Kind verschwand.

Seitdem sah Huber das kleine Mädchen in allem, das ihn umgab wieder. Im Strauch am Wegesrand da winkte es aus den Zweigen. In der streunenden Katze lief es ausgelassen über das Feld. Im Tau auf den Gräsern brach sich ihr Lächeln im Licht und in jedem einzelnen Menschen spürte Huber ihre Wärme.

4 comments:

DasLeben said...

Ich finde es sehr amüsant jetzt diese Geschichte zu lesen, weil ich vor kurzem einen Traum hatte der diese als Metapher wiederspiegelt.

Danke für diese Geschichte!

Grey Owl Calluna said...

Hallo Ray!
Herr Huber hat wohl doch noch irgendwie begriffen, worauf es ankommt, und was er hier auf dieser Erde in diesem Leben lernen soll.....
Liebe Grüße
Grey Owl

Anonymous said...

Sich am Kleinen, scheinbar Alltäglichen freuen zu können, ist für mich schon lange ein Thema.
In den Jahren, als ich noch studiert habe und Noten nachgejagt bin, hatte ich oft für die kleinen Freuden, denen ich Tag für Tag begegnet bin, gar keine Augen. Dann aber schloss ich die Uni ab und wurde eine einfache Hausfrau. Am Anfang habe ich mit dieser Rolle gehadert, aber dann ließ ich das "kleine Mädchen" in meine Herz und entdeckte die kleinen Dinge und damit Lebensfreude, für die es an jedem Tag immer wieder Anlass gibt.

Eine sehr schöne Geschichte,
Astraryllis.

Ray Gratzner said...

Liebe meldasleben, synchronizität ist immer wieder schön zu erleben....Danke für den Besuch und LG Rainer

Liebe Grey owl, die Hubers dieser Welt können auch an die Hand genommen werden, oftmals aber nur auf eine unbedrohliche Weise....;-) LG an die weise Eule...


Liebe astraryllis, danke dass Du Deine persönlich Erfahrung hier einbringst. Persönlich hadern, dahinter verbirgt sich wahrscheinlich eine schwere Zeit, so viele Frauen werden gut ausgebildet, und wenn sie dann zur Futterkrippe wollen, dann wird es schwer sich zu verwirklichen...Eine Bekannte von mir konnte z.B. nicht im erlernten Studienberuf landen, und hatte auch später Schwierigkeiten über Schwierigkeiten...Leider Gottes glaube ich eine schmerzvolle Erfahrung für Hunderttausende...
Ich entsende Dir einen akademischen Gruss...