Sunday, August 22, 2010

Hugo träumt

Hugo hatte einen schweren Traum in der Nacht. Er träumte, er hinge mit seinem Mantel fest. Er wollte vorankommen, weitergehen, diesen Ort hinter sich lassen, doch er hing fest.

Das, woran er hing, schien eine silberne Schnur zu sein, die sich nicht zerreißen ließ und je mehr er daran zog, um so mehr Scherzen und bedrückende Gefühle packten ihn.

Er wollte endlich fort, an die Sonne, ins Licht, an einen großen leeren Raum, in dem er zur Ruhe kommen würde, nach all den gehetzten Tagen, dem Stress, der Atemlosigkeit, des Mißbehagens, dieser unerfüllten quälenden Unzufriedenheit.

Dann kam eine unausprechlich große Macht an. Hugo fühlte die Übermacht und sein Lebensfunken gefror. Die Macht schien ihm helfen zu wollen, das silberne Band zu zerreißen. Während er den silbernen Faden betrachtete, sah er sich darin, wie in einem Spiegel. Er stand dort als Kind, die Welt der Erwachsenen nicht begreifend aber voller Liebe für Vater und Mutter.

Sie, seine Eltern hatten ihm die Sehnsucht nach dieser besseren, heileren, reicheren Welt geweckt. Doch ihm war als Kind bereits ein Glücksgefühl zu eigen, dass er verlassen hatte. Hugo kehrte der besseren Welt den Rücken und vereinte sich mit seinem Kinderbild in der Silberschnur.

Er erwachte schweißgetränkt. Langsam stand er auf und ging schwankend in den Keller. Er zog die alte Holzkiste hervor, in der seine Kindersachen aufbewahrt waren. Er öffnete sie und fand einen alten Malkasten vor.

Freudestrahlend malte er die gesamte Nacht, die Kellerwände an. Am nächsten Tag meldete er sich krank, kaufte Farben und malte wochenlang weiter. Hugo war glücklich. Hugo hatte seine Welt gefunden.

In seinen Träumen hing er nicht mehr fest. Seine Silberschnur zeigte ihm die erfrischendsten Bilder dieser Welt und nur weit draußen, im Traumland seiner Eltern, da ging eine unbekannte drohende Macht umher, die ihn nicht mehr erreichen konnte.

2 comments:

Kessi said...

Hm... ich wüsste gerne, welche Gedanken hinter dieser Geschichte stehen und wie sie entstanden ist... liebe Grüße und höre nie auf zu träumen...

Grey Owl Calluna said...

Lieber Ray!
Gehe ich recht in der Annahme, dass es hier um´s glücklich sein geht?....dass man seiner eigenen Intuition folgen sollte, anstatt sich um unwichtige Dinge zu kümmern, ohne darauf zu achten, was wer davon hällt?
Als "Silberschnur" bezeichnet man doch das Band, dass bei unserem Tod wie eine Nabelschnur fungiert.
Aber vielleicht.....liege ich ja auch völlig falsch......
Jedenfalls ist es eine gute Geschichte,....über die ich wohl noch eine Weile nachdenken werden, und,....vielleicht.....fällt mir da noch etwas dazu ein.....
Sei ganz lieb gegrüßt
Grey Owl