Saturday, April 16, 2011

Altern

Er lachte und lachte und wollte nicht wieder aufhören. Am Anfang fand ich das lustig, doch als er länger und länger lachte fing ich an mich zu ärgern. ich fühlte mich klein gemacht. "He, du bist aber ganz schön arrogant", knurrte ich meinen Ärger raus.
"Arrogant? Von wegen. du versuchst mich umzubringen, wenn du solche Sachen sagst", prustete er.
"Und was war jetzt so komisch?"
Er wurde ernst. "Der Mensch ist ein Wesen in Form einer Zwiebelgestalt. Diese Zwiebelschichten liegen dicht übereinander. Und die Zwiebel weist eine Trennung auf, so dass die Schichten sich unterschiedlich bewegen können. du hast gefragt, ob die Menschen ihre Schichten voneinander lösen können, also quasi wie so eine Art Verletzung und diese Vorstellung ist sehr komisch, denn die Zwiebelschichten bestehen wiederum aus Fasern, die alle aus einer einzigen Stelle gemeinsam austreten und dann aber andere Wege nehmen. Die Schichten können daher nicht geteilt werden. Sie liegen fest."

"Und wie kommen dann die merkwürdigen Flecken zustande, die wie Beulen aussehen und Löcher?"
"Nun, ganz einfach. An den Fasern hängen fremde Fasern, die die Faser einschnüren und irgendwann versiegt der Fluss. Dann erscheint es so, als ob da eine Vertiefung wäre. Du kannst aber jederzeit diese Vertiefungen reinigen. Wenn du alt wirst z.B. dann hast du manchmal das Problem, dass du müde wirst, weil du zu viele fremde Fasern mit Dir rumschleppst. Dann kannst du auf einfache Art deine Fasern reinigen und die Altersmüdigkeit rausschmeissen."
"Und wie?"
"Ich bevorzuge das reinigende Träumen, dass du auch als Tagträumen durchführen kannst. Du erinnerst dich an deine Kindheit und fühlst die Fasern deiner Aura. Stell dir die Aura im Tagtraum vor. Und dann stellst du dir vor, wie du älter und älter wirst, aber deine Kindheitsaura begleitet dich. Die Kindheitsaura ist frisch und leuchtend und so dehnst du nach und nach diesen Zustand auf die Schichten aus. Dabei reinigst du die älteren Schichten von Verunreinigungen."

"So einfach soll das sein?",fragte ich skeptisch.
"Ja, so einfach ist es. Es ist aber nicht einfach, denn die Verunreinigungen wehren sich. Du kannst Kopfschmerzen bekommen. Oder du wirst müde und schläfst ein, bekommst traurige Gefühle usw. Diese Übung durchzuhalten ist eine Kunst. Wenn du älter wirst, solltest Du sie täglich einmal machen, dann wirst du besser verstehen, dass es einfach klingt aber nicht einfach ist."

"Machst Du diese Übung auch?"
"Sicher", er begann wieder zu kichern. "Entschuldige, aber mit deinen Fragen bringst du mich eines Tages noch um." Er drehte sich um und schien auf ein Handtuch zu beißen. Ich fand ihn ziemlich doof.

6 comments:

angstfrei-leben said...

Lieber ray,

oh, das war jetzt ein schwieriger Text für mich.

Aber so wie ich es verstanden habe, heisst es sich in Tagträumen in die junge erfrischende Seele zu begeben. Und das was die Jahre überlagert haben, nach und nach so zu erneuern.

Oder habe ich das falsch verstanden?

Ist das eine Textpassage aus einem Buch?

Liebe Grüsse Ines

Grey Owl Calluna said...

Wow….lieber Ray.
Das klingt ja wie bei den Tolteken, den Träumern und Pirschern, mit ihren Fasern, die sie, zurück in der Zeit, in jede einzelne Situation strecken können, und mit dem Fegeatem reinigen, und so die Energie, die sie dort gelassen haben, zu sich zurück holen.

Das Beispiel mit der Zwiebel ist gut. Aber Taisha Abelar beschreibt es noch einfacher.

Diese Übung heißt „Rekapitulieren“, und sie kann schon eine lange Zeit dauern, weil Du zu all´den Situationen und Menschen in Deinem Leben zurückkehren musst, wo Du schon einmal warst.

Ach ja,….übrigens…..ich bin eher eine Pirscherin. Das luzide Träumen beherrsche ich nicht so gut (leider!),….nur das Tagträumen.

Liebe Grüße
Grey Owl

Ray Gratzner said...

Liebe Ines,

Tagträumen ist vollkommen ok. Grey owl führt weiter unten noch die Rekapitulation an, was aber der Form nach eine andere Übung mit einer anderen Absicht ist. Hier gehst Du in dein persönliches Gefühl der Kinderzeit zurück. Damals hast Du ein ganz bestimmtes Gefühl, dass noch nicht vom Altern beeinträchtigt ist. Mit diesem Gefühl "frischt" Du nach und nach die Zwiebelschichten auf ohne Dich um Atmung oder ähnliches zu kümmern. Das Tagträumen übernimmt die Arbeit.

Nein, das ist keine Stelle aus einem Buch. Es ist ein Dialog den ich mit jemandem geführt habe, den ich damals ziemlich doof fand...

Liebe Grüße Rainer

Ray Gratzner said...

Liebe Grey Owl, Frau Abelar hat bei demselben Meisterzauberer gelernt wie Carlos Castaneda.

Carlos starb an Leberkrebs, den er als Seher und Träumer und Pirscher anscheinend nicht heilen konnte - Vielleicht bei all der Bewusstheit nichts bemerkt?

Carlos beschreibt die Rekapitulation anders als Frau Abelar und beide reden davon, dass man immer vieles tun muss, muss, muss um dann seine Chance wahrnehmen zu können, die darin besteht eine freie Entscheidung wahrnehmen zu können.

Wer immer so unterrichtet, hat für meinen Geschmack einen dezenten Machtwahn - ich persönlich glaube Hohlbirne Castaneda hat in seinem Studium gut aufgepasst und dann das getan, was er laut seiner Frau am besten konnte - Jede Menge Lügengeschichten erzählen...

Ansonsten sind die toltekischen Praktiken gut dokumentiert aber interessant ist auch das tibetanische Traumyoga wo Schamanismus auf Buddhismus traf...

Liebe Grüße Rainer

Grey Owl Calluna said...

Ja, das weiß ich lieber Ray.

Bei den Tolteken wird ein Unterschied zwischen Frau und Mann gemacht.

Aber mal davon abgesehen, was Du so über Castaneda schreibst. Ich mochte seine Bücher auch nicht. Ich habe drei davon hier, und schon beim Ersten kapituliert.
Da war nur die Rede vom Drogenrausch, der mir persönlich auch überhaupt nicht sagt.

Die einfachen Übungen von Taisha Abelar finde ich recht gut. Sie ist auch eine Pirscherin. Wogegen Florinda Donner-Grau, die auch bei Don Juan gelernt hat, eine Träumerin ist.


....ich denke, bevor der Buddhismus in Tibet war, gab es da schon lange den Schamanismus.

Was letztendlich Einer/Eine imaginiert ist nicht das Wichtigste......eher das Ergebins.
Natürlich hast Du Recht lieber Ray. Du beschreibst eine effektive Imaginations-Übung.
Liebe Grüße
Grey Owl

angstfrei-leben said...

Lieber Ray,

danke, dass Du mir das so toll erklärt hast.

Ich finde auch, dass unbeschwerte Kindergefühle etwas sehr Kostbares sind.

Mal schauen, was es heute bei Dir zu lesen gibt.

Ganz liebe Grüße
Ines