Sunday, October 2, 2011

Gehaltserhöhungen

Alle Jahre wieder stellt sich für Arbeitnehmer die Frage, habe ich nicht eine Gehaltserhöhung verdient?  Eine Gehaltserhöhung handelt man in der Regel mit seinem Vorgesetzten aus und die richtige Argumentation ist entscheidend.
Vorgesetzte, die ihre Mitarbeiter abwiegeln wollen und sich dem Thema nicht ernsthaft stellen wollen kommen mit Scheinwelten und Scheinargumenten:

  • Der Firma geht es schlecht, die hat im Moment kein Geld übrig für Gehaltserhöhungen
  • Dieses Jahr haben schon soviele Kollegen eine Gehaltserhöhung gegeben, da ist alles Geld aufgebraucht.
  • In ihrem Alter hat man schon sein optimales Gehalt erreicht
  • Im Vergleich mit den Kollegen liegen sie ganz gut
  • In ihrem Alter verdient man noch nicht so viel.
  • Dies ist eine Niedriglohnabteilung
  • Bei uns gibt es nur alle fünf Jahre eine Gehaltserhöhung
Allen diesen Argumenten gemeinsam ist, dass sie nichts mit der Bewertung von Arbeitsleistung im Alltag wirklich etwas zu tun haben. Firmen können sich Regeln geben soviel sie wollen, mit den Kollegen kann verhandelt sein was will, es geht um Dich und Deine spezielle Arbeitsleistung und was die ausmacht, das sagt zum Beispiel das Genfer Schema.

Danach besteht Arbeitsleistung aus Zitat:


  • geistigen Anforderungen (Fachkenntnisse, Nachdenken),
  • körperliche Anforderungen (Geschick, Muskelbelastung, Nerven- und Sinnesbelastung),
  • Verantwortung (beispielsweise für Betriebsmittel, Sicherheit und Gesundheit anderer) sowie
  • Arbeitsbedingungen (Temperaturen, Nässe, Schmutz, etc.).
Zitatende: Wikipedia

Das bedeutet, wenn ich für meinen Arbeitgeber mehr nachdenken muss, schwierigere geistige Anforderungen bewältige, dann muss das auch entlohnt werden. Gerade in Deutschland machen Arbeitnehmer viele Jobs auf einmal. Kaum ein Mitarbeiter arbeitet genauso, wie er es einmal in seinem Arbeitsvertrag drin stehen hatte. Für den Arbeitgeber zahlt sich das aus. Er muss ggf. nicht drei oder vier Mitarbeiter einstellen, die unterschiedliche Anforderungen erledigen können aber nicht ausgelastet wären. Die wären ggf. drei bis viermal teurer als ein Mitarbeiter, der drei oder vier unterschiedliche Jobs kann. Übernehme ich als Mitarbeiter zusätzliche Jobs in einer Firma mit zusätzlichen geistigen oder körperlichen Anforderungen, dann ist das ein Argument für eine Gehaltserhöhung. Alles andere wäre unredlich, denn der Arbeitgeber profitiert von der Leistungsfähigkeit seines Mitarbeiters.

Je länger ich für einen Arbeitgeber arbeite, umso mehr Verantwortung erhalte ich für gewöhnlich, für andere Mitarbeiter, für Arbeitsergebnisse, für Kundenbetreuungen und und und. Mehr Verantwortung gibt es nie umsonst. Je mehr Verantwortung ich erwerbe, umso mehr Anspruch auf Entlohnung erhalte ich.

Diese trifft auch auf Veränderungen im Arbeitsumfeld zu. Ist das Umfeld lauter, stressreicher, mit mehr Vorgängen je Tag geworden? Auch dies ist eine Belastung, die entlohnt werden muss.

Im Vorfeld zu einem Gehaltserhöhungsgespräch sollte ich das Genfer Schema einmal durchgehen und mir klar machen, wo ich mehr leiste, als in den Jahren zuvor. Dies sind die richtigen Argumente.


Habe ich mich weitergebildet und kann es aber im Arbeitsalltag nicht anwenden, dann bin ich zwar wertvoller geworden, aber nicht für den Arbeitgeber, der mich mit diesen Fähigkeiten nicht auch entsprechend einsetzen kann. Es sollte also nur um Inhalte im Gespräch gehen, die sich auf die tatsächliche Arbeitsleistung beziehen und nicht um eine potenzielle zukünftige. Ebenso sind der Geldbedarf für meine Hobbies, meine Zweit- und Drittfrau, den Sportwagen etc. für ein Gehaltsgespräch nicht relevant, weil es sich nicht um Arbeitsleistungs relevante Inhalte dreht.

Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten sachlich über Entlohnung sprechen, damit das Thema Geld fair geregelt ist und nie wirklich ein Thema beim Arbeiten wird. Dies erfordert Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit auf beiden Seiten. Eine Anstrengung, die sich immer lohnt.

6 comments:

Dori said...

Lieber Ray,
das hast Du mir wirklich aus dem Herzen geschrieben. Wobei ich ja im Augenblick "raus" bin.
Eine der letzten "Erlebnisse" bei meinem früheren Arbeitgeber:
es mussten 180 Stellen gestrichen werden, Gehaltserhöhungen - ha ha, wovon träumt Ihr denn alle, Sparmaßnahmen, uns geht es ja so schlecht, und dann folgendes:
Mit 3 gecharterten Flugzeugen wurden die Führungskräfte deutschlandweit zur Belustigung für ein Wochenende auf die Insel Malta geflogen, im 5-Sterne-Luxus-Hotel untergebracht und mit den tollsten Events verwöhnt!
Dazu fällt mir nix mehr ein!
Ich find das gut, wenn Du Dich aufregst. Diese Posts finde ich immer die besten :-))))
Sonnige Grüße von Dori

Ray Gratzner said...

Liebe Dori,

manches im modernen Management erinnert an das alte preußische Junkertum - die Gutsherrenmentalität. Nur dass den Managern von heute die Firmen nicht einmal gehören, den Junkern aber ihre Landgüter.
Siehe auch Manager bekommen trotz Krise mehr Geld in http://tinyurl.com/5ug4l6l.

Vielen Dank für dieses Hintergrundwissen und ich wünsche Dir viele gute Gefühle
rainer

Gabaretha said...

Lieber Rainer,
ich verstehe den Wunsch nach einer Erhöhung des Gehalts nur zu gut. Als ich selbst in abhängigem Verhältnis gearbeitet habe, hat allerdings meist der Fiskus und Sozialabgaben einen Großteil des Mehrwerts aufgefressen. Irgendwann wurde es mir dann wurscht, was "die" mir zahlen und mit dem Blickwinkel habe ich mich sehr wohlgefühlt.
Ich wünsche Dir so viel Geld wie Du brauchst - und ein kleines bisserl mehr.
Viele liebe Grüße,
besser und besser,
Gaba

stefan said...

lieber ray,
hier schreibt dir der stefan, ein freund von dori.
das sind sehr wichtige zeilen speziell und auf den punkt gebracht. freue mich jetzt schon, wenn vieles in der GEMEINschaft zur GESELLschaft gewandelt ist.

was meinst, du wie viele gerade in der heutigen zeit so denken. ich höre bei meiner arbeit als berater sehr oft den satz:"ich mag das alles nicht mehr."
deine zeilen sind der wahrheit, wie du auch selbst weißt mehr als nahe.

aus diesem grund der verunsicherung der vielen menschen; speziell in der arbeitswelt, die immer lehrer ausgehen wird es auch sehr in kürze das grundeinkommen/buergergeld geben.
dann können sich viele freier und bewusster in dieser doch schon so sehr anstrengenden welt unter menschen bewegen.
nur die ironie dabei ist, dass sich viele sträuben werden, geld geschenkt zu bekommen. aber das ist wieder ein anderes thema:-)
dir wünsche ich alles liebe und weiterhin viel spass mit deinem blog, der sehr wichtig und sinnvoll ist.
eine liebe woche für dich und viele liebe grüße von

stefan müller

Ray Gratzner said...

Liebe Gaba,

vielen Dank für diese geteilte Erfahrung. Wenn's einem wurscht ist oder Du dich selbständig machst, dann ist der Wunsch nach einer Gehaltserhöhung nicht wichtig. Kein Konflikt - ok, ich denke auch das ist ein Weg...

Liebe Grüße Rainer

Ray Gratzner said...

Lieber Stefan,

vielen Dank für Deine Gedanken und Erfahrungen.
Der Aspekt, dass sich die Mitarbeiter abwenden, der ist gut zu beobachten. Leider bekommt das Management dieses gar nicht so bewusst mit, weil die Mitarbeiter dies nicht offen zeigen oder weil Manager glauben, dass einzig wichtige passierte nur bei ihnen...

Tja hoffen wir mal, dass sich alles noch wieder zum Besseren wendet...

Liebe Grüße Rainer