Friday, November 16, 2007

Wer ist die Frau der Wortes und des Witzes?

Sie steht unschlüssig vor dem Schrank. Suchend schiebt sie die Kleidungsstücke auseinander. Was nur soll sie anziehen. Sie hasst es. Sie hasst diese morgendliche Prozedur. Den Tag hat sie akribisch geplant. Sie wird arbeiten und einkaufen. Sie wird einen Termin beim Friseur wahrnehmen. Die Wege, die Zeiten sind gut überlegt und in der besten Reihenfolge geplant. Aber genau ist das Problem für das Anziehen. Es gibt keine Kleidung die für alle Vorhaben gleichermaßen geeignet sind. Die Schuhe für das Büro, die sind unbequem zum Einkaufen und, und, und...

Ein weiteres Problem. Immer wenn sie die Schranktür öffnet, startet in ihrem Inneren ein Stoppuhr. Sie lebt ständig mit einem Gefühl keine Zeit zu haben. Während sie jetzt die beste Kleidung für den Tag sucht, darf die Suche selber sich nicht lange hinziehen. Sie wird sonst unzufrieden. Sie greift sich zwei Kleider raus und geht hinüber zum Spiegel. Während ihr Blick über ihre makellos geordneten Schuhe streift lächelt sie ein wenig. Ihr kommt in den Sinn wie ihre beste Freundin Schuhe behandelt. Zwar ordentlich, aber so schnell zu finden wie bei ihr sind sie nicht.

Sie entscheidet sich für das grüne Kleid. Sie vergisst die Freundin und konzentriert sich auf das Wesentliche. Sie hängt das zweite Kleid sorgfältig weg, denn Unordnung kostet Zeit, die sie nicht hat. Minuten später hastet sie durch den Flur. Die Nachbarin, die ihr unsympathisch ist grüßt sie schnippisch. Warum, was wohl sein mag? Auch für diese Frage hat sie keine Zeit. Es gibt soviel Dinge, die ineffizient sind und die sie deswegen vermeidet Dinge wie:
  • Einen theatralischen Aufstand machen, denn Argumente sind schneller
  • Vorurteile pflegen, denn nichts in feste Schubladen zu packen hilft Fehler zu vermeiden
  • Unfreundlich zu sein, denn Streit aus Unachtsamkeit ist eine unnötige Kraftverschwendung
  • Bücher lesen, die nicht interessant sind
  • Mit den eigenen Fähigkeiten anzugeben, denn das bringt keinen Nutzen
  • Und so weiter.
Sie eilt voran und springt über die Flummi weg, den das kleine Kind aus der ersten Etage im Hausflur verloren hat. Sie ist stets achtsam und wachsam. Nichts kann sie überraschen.......

4 comments:

Anonymous said...

Plattitüden hurra! Schubladen gegen die Komplexität des Individuums.

Ray Gratzner said...

@anonym Natürlich werden ein paar Zeilen der Komplexität einer Person nicht gerecht, schon gar nicht der Komplexität einer Frau des Wortes und Witzes. Lieber Anonym, trage doch etwas bei. Was fehlt? Was ist vereinfacht?. Wie siehst Du es. Ich freu mich auf Deine Meinung

Anonymous said...

Lieber Ray! Danke für die Antwort auf meinen zugegebenen frechen Kommentar, welcher aber nicht respektlos gemeint war.Ich sehe, Du hast verstanden, was ich sagen möchte.

Was fehlt. Hhm. zugegebenermaßen fällt mir die Beantwortung dieser Frage schwer. Aber ein paar Jahre Selbstbeobachtung haben in mir die Erkenntnis reifen lassen, dass ich bei dem Versuch, meine Mitmenschen zu verstehen, immer mehr zu Schubladen greife. Somit gilt der Kommentar ebenso mir. Ich bin redlich bemüht, meine Mitmenschen in ihrer gesamten Komplexität zu verstehen und ich habe den Eindruck, dass die Kategorisierung des Lebens der Menschen mich eher davon abhält, jemand bzw. etwas in seiner Besonderheit und Einzigartigkeit zu erkenne. Um es platt auszudrücken, ist die Kategorisierung von Menschen aus meiner Sicht ein Ausdruck von Überforderung. Bitte versteh dies nicht falsch, ich schließe jetzt einfach mal von mir auf die Allgemeinheit. Wenn das nicht auch eine Kategorisierung ist :-)

Das Leben ist komplex, man kommt gerade selbst kaum zurecht oder findet seinen Platz nicht, da scheint es manchmal wünschenswerte auch noch die Beziehungen und die Mitmenschen in geordnete und überschaubare Bahnen zu lenken. Aber ich bin der Meinung, dass dies nicht klappt.

Ich hoffe, dies ist alles nicht zu verworren. Ich mache mir durchaus Gedanken und freue mich über eine Antwort. Außerdem heiße ich Katja :-) Beste Grüße und einen schönen Abend!.

Ray Gratzner said...

Liebe Katja,
vielen Dank für deinen Kommentar, der mir sehr klar vorgekommen ist.
Bestimmt ist es so, dass Schubladen aus Hilflosigkeit erfunden werden oder weil man sich Aufwand sparen möchte.
Wenn ich mich mit Traumbildern oder Meditationsinhalten auseinandersetze, dann ringe ich mitunter mit meinem Verständnis. Wie das jetzt ausdrücken, was bedeutet das. Dann helfen mir manchmal diese Schubladen, einen Ankerpunkt zu haben, um es mitzuteilen. Andere Menschen zeigen mir dann häufig weitere Sichtweisen auf und dann freue ich mich gelernt zu haben.
Danke für deinen Kommentar.