Sunday, March 6, 2011

Glückseligkeit und Hunger?

 Ein Kommentar von Grey Owl hat mir die Idee zu diesem Post gegeben. Wiegt ein knurrender Magen mehr, als die Suche nach Glückseligkeit. Taugen spirituelle Konzepte überhaupt für den Alltag mit seinen Grundbedürfnissen wie Essen, Trinken, Wohnen, Wärme und Gesundheit?

Wer mich heute sieht, wird nicht glauben, dass ich einmal gehungert habe. Ich war so arm, dass ich mir nicht genug zu Essen kaufen konnte. Damals war ich noch ein sehr junger Mann und ich hatte meine ersten spirituellen Erfahrungen hinter mir. Ich sah mehr Sinn darin zu meditieren, als arbeiten zu gehen und eine Karriere in einer Arbeitswelt anzustreben.

Ich brauchte eine Wohnung und um die Wohnung zu bekommen brauchte ich Arbeit. Ich fing bei McDonalds an, die mir damals sagenhafte 7 DM Stundenlohn zahlten also ~3,50 €. Mit Miete, Busfahrscheinen und anderen laufenden Kosten blieb mir nicht genug Geld, um mir auch genug Essen zu kaufen. Ich nahm langsam aber sicher ab. Mein Gewicht sank in Tiefen, die ich nie wieder später erreicht habe. Hunger war für mich eine alltägliche Realität geworden.

Dennoch hat mir die Meditation geholfen, meine Stimmung und mein Wohlbefinden aufrecht zu erhalten. Ich wünschte mir einen Ausweg aus dieser Hungerfalle und so suchte ich weiter Arbeit und wurde auch fündig. Satte Zeiten  begannen, in denen ich Waschbecken herstellte.

Was möchte ich sagen? Zum einen, dass wir hier in der Republik den Hunger nicht besiegt haben. Es gibt bestimmt Hartz 4 Leute die hungern. Es gibt Geringverdiener, die hungern. Es gibt Obdachlose, die hungern. Immer wenn es eine Lobby gibt, die es für erstrebenswert hält, dass Menschen hungern, dann setzen sich auch unsere Politiker dafür ein, dass Hungerverhältnisse in unserer Republik erhalten bleiben.

Die einen müssen hungern, weil die Lobby der Arbeitgeber nicht bereit ist, mehr Sozialkosten zu zahlen. Die anderen müssen hungern, damit eine Pharmaindustrie Schönheitsmittelchen und Diätpulver verkaufen kann. Und in all diesen berechnende Verhältnissen verhungern Menschen seelisch.

Mir hat mein Zugang zu spirituellen Erfahrungen geholfen, Lebensumstände in meinem Leben zu schaffen, wo ich dankbar dafür bin, dass ich mich stets satt essen kann, dass ich meine Rechnungen zahlen kann, dass ich es warm habe, wenn ich es brauche und Kleidung kaufen kann, wie ich es brauche. Es hat mir die Kraft gegeben, mich aus diesen beschränkenden Lebensverhältnissen zu verändern.

Wenn ich hungernder Afrikaner oder hungernder Mensch in einem Drittweltland wäre, dann würde mich Spiritualität auch unter den Verhältnissen dort in eine sichere geborgene Welt führen. Das Ganze wäre bestimmt ein Prozess, der nicht von jetzt auf sofort passierte. Aber der Weg dahin wäre mein Ziel und er würde mir helfen die innere Kraft zu finden, meinen knurrenden Magen zu füllen, denn dieses Universum ist sicher, egal ob meine Hautfarbe schwarz, rot, braun, grün oder gelb ist. Was mir nicht abgenommen wird, ist den ersten Schritt zu machen.

4 comments:

Grey Owl Calluna said...

Wow!
Ich bedanke mich für diese ehrlichen Worte lieber Ray.
Nicht jeder wäre so einen Weg gegangen. Du scheinst da eh ein ganz besonderer Mensch zu sein.
Liebe Grüße
Grey Owl

AnnaFelicitas said...

Lieber Rainer, du sprichst hier ein Thema an, welches bei uns nur allzu gern negiert wird. Spaziert Mensch jedoch offenen Auges durch Städte und Gemeinden, wird schnell deutlich, dass die Wirklichkeit ganz anders aussieht. Mir jedenfalls begegnen täglich Menschen, denen deutlich anzusehen ist, dass auf sie der Spruch "in Deutschland muss niemand hungern", welcher von Politikern nur allzu gern propagiert wird, nicht zutrifft. Umso deprimierender ist diese unsägliche Diskussion um die Erhöhung des Regelsatzes von Leuten, die ihre Diäten *hahaha* selbst bestimmen dürfen!

Danke, dass du unser Umfeld so kritisch beleuchtest und die Dinge beim Namen nennst! Danke für dich!!

Alles Liebe
Anna

Ray Gratzner said...

Liebe Grey Owl,

vielen Dank für Deine Worte...

Liebe Grüße nach Thüringen...

Rainer

Ray Gratzner said...

Liebe Anna,

ja, du hast recht. Diese Diskussion ist ziemlich scheinheilig. Ich kann auch nur bei wenigen Beteiligten an der Diskussion an der Wortwahl Liebe und Interesse an den Hartzern erkennen...

Liebe Grüße an die Zauberwesen Freundin