„Die Menschen haben Angst, wenn sie Iraker treffen“, sagte er. Ich ertappte mich dabei, dass mir ganz kurz die Frage durch den Sinn ging, ob dieser Iraker vor mir pro-westlich oder anti-westlich sei. Und das, obwohl ich mir abgewöhnt habe, Nachrichten zu schauen, um nicht mit schwerpunktmäßigen schlechten Nachrichten überschwemmt zu werden, die den Sendern höhere Einschaltquoten bringen. Nachrichten, in denen die Medien das Bild von arabischen Attentätern seit dem 11.9 wachhalten. Wir kamen ins Gespräch und ich genoss die Unterhaltung. Hätte ich mich von Skepsis oder Furcht leiten lassen, wäre ich um ein interessantes Gespräch ärmer gewesen.
Wenn Menschen arbeitslos werden, erfahren sie häufig, dass sich Freunde und Bekannte abwenden. Ein allseits bekanntes Ritual in der Sommerpause sind die Gedankenübungen parlamentarischer Hinterbänkler, wie man den Hartz IV –Empfängern das Geld kürzen können. Arbeitslose stehen unter dem Generalverdacht, selbst an ihrer Lage schuld zu sein, und Freunde und Bekannte wenden sich ab, als ob Arbeitslosigkeit ansteckend wäre und man Angst hätte, man könnte dieses Unglück auf sich ziehen. Betreibt da ein Teil der Deutschen eine Art von Alltagsmagie?
Der Aufschwung und der Abbau von Arbeitslosigkeit haben gezeigt, das Arbeitslosigkeit nicht von der Willigkeit der Menschen verursacht wurde. Gerne haben viele Millionen Menschen Arbeitslosigkeit gegen Arbeit getauscht. Arbeitslose Menschen haben Fähigkeiten und Kräfte, die die Volkswirtschaft brachliegen lässt. Wenn wir uns aus Furcht vor den Arbeitslosen abwenden, dann werden wir ärmer - wer weiß welcher Mensch eine Lösung für eins unserer Probleme weiß. Und die Arbeitslosen werden deprimierter, sie fühlen sich allein gelassen. Insofern ist die Furcht ein schlechter Ratgeber, sie führt zur Verschwendung.
Furcht wird gerne behauptet, dass sie den Menschen schützen soll. Dies stimmt in elementaren Bedrohungssituationen, wie der Begegnung mit Erdbeben, Unfällen oder Missgeschicken. Ich kämpfe oder laufe weg, um mich vor Feinden zu schützen.
Aber Furcht hat lange schon das Umfeld körperlicher Bedrohung verlassen. Es gibt die Furcht vor dem Unsichtbaren, dem Irrationalen. Es gibt die Furcht vor dem Chef, dem Vater, dem Nachbarn, die durch Vorstellungen und Gedanken wachgerufen wird. Und diese Furcht soll uns im Alltag veranlassen, Konflikte zu vermeiden – mit dem Unsichtbaren, dem Irrationalen, dem Chef, dem Vater, dem Nachbarn, denn diese Furchtmacher senden eine Botschaft – Du wirst verlieren. Die Furcht resultiert aus der Erwartung einer Niederlage und der damit verbundenen negativen Folgen.
Was, wenn ich unbesiegbar wäre, wenn es keine Niederlage gäbe und damit auch keine negativen Folgen, dann wäre ich wäre frei von Furcht. Frei von Furcht könnte ich mich unbefangen und unbekümmert entscheiden.
Und hier setzt die Meditationsübung an. Ich bereite mich auf die Meditation vor.
Die Übung heißt Erdvertrauen: Ich stelle mir vor die Erdkugel zu sein und drehe mich um meine Achse, ich spüre die Ozeane, die Berge, die Polkappen. Alles greift ineinander, wo Mangel entsteht, entsteht an anderer Stelle Überfluss. Die Erde kennt kein Mein und Dein. Alles auf der Erde lebt und ist in Bewegung. Ich bin in Bewegung vom Mangel zum Überfluss. Die Übung wird abgeschlossen mit dem Bild vom Übenden, der aus dem Wasser steigt.
Nach der Übung ist dem Übenden klarer, dass Furcht von den Bildern anderer Menschen übertragenwerden kann. Von diesen Bildern kann der Übende loslassen und sich der Erde zuwenden.
Die Erde zeigt mir, dass auf ihr Platz und Überfluss für alle da ist, ja mehr noch - jeder Mensch ist Teil des Überflusses. Wir brauchen unsere Mitmenschen nicht fürchten. Sie beschenken uns, wenn wir keine Furcht vor ihnen haben.
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